Das Parlament hat eine Vorlage grundsätzlich gutgeheissen, mit der die Risiken für das Trinkwasser durch Pestizide verringert werden sollen. Damit soll zwei Initiativen der Wind aus den Segeln genommen werden
Der Nationalrat hat gestern eine Vorlage des Ständerates zum Schutz des Trinkwassers vor Pestiziden gutgeheissen und ist in fast allen Details der kleinen Kammer gefolgt. Formell ist der von der ständerätlichen Wirtschaftskommission ausgearbeitete Gesetzesentwurf zwar kein indirekter Gegenvorschlag zur Trinkwasser-Initiative und zur Pestizidverbots-Initiative. Er soll den beiden Volksbegehren aber das Wasser abgraben.
Der Nationalrat verabschiedete die Vorlage mit 122 gegen 57 Stimmen der SVP und einzelner Mitglieder der Mitte-Fraktion.16 Ratsmitglieder – die meisten davon aus der Mitte- und der FDP-Fraktion – enthielten sich. Die Debatte war zeitweise emotional.
Zuletzt gaben Änderungen im Gewässerschutzgesetz zu reden. Die Mehrheit der nationalrätlichen Wirtschaftskommission hätte bei massgeblichen Grenzwerten für die Überprüfung einer Zulassung den fraglichen Wirkstoff und «relevante Abbauprodukte» in Betracht ziehen wollen. Im Text des Ständerates fehlt das Wort «relevant». M arcel Dettling (SVP, Schwyz) warnte, dass mit der strengeren Formulierung der kleinen Kammer die Schweiz weniger Lebensmittel produzieren könnte. Eine rot-grüne Kommissionsminderheit aber wollte dem Ständerat und dem Bundesrat folgen und setzte sich im Rat mit 103:88 Stimmen durch – mithilfe der FDP und einzelnen Mitgliedern der MitteFraktion. Sei der Wirkstoff erst einmal ins Grundwasser gelangt, sei es zu spät, sagte Beat Jans (SP/Basel-Stadt) und erinnerte an den Fall Chlorothalonil. Die Bauern müssten wissen, welche Wirkstoffe sie anwenden dürften.
Auch einen Einzelantrag von Matthias Samuel Jauslin (FDP, Aargau), den Kantonen vorzuschreiben, bis 2035 für den Trinkwasserschutz Zuströmbereiche von Grundwasserfassungen von öffentlichem Interesse zu bezeichnen, hiess der Rat mit 105:89 Stimmen gut. Der Ständerat hatte im Herbst eine Motion mit demselben Anliegen angenommen, über die der Nationalrat noch zu befinden hat.
Risiken bis 2050 halbieren
Wesentliche Entscheide hatte die grosse Kammer bereits vergangene Woche gefällt – und blieb weitgehend bei der Linie des Ständerates. Die meisten Minderheitsanträge von SP, Grünen und GLP für verbindlichere und griffigere Bestimmungen drangen nicht durch.
Die mit dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verbundenen Risiken für Flüsse und Seen, naturnahe Lebensräume und als Trinkwasser genutztes Grundwasser sollen gemäss Vorlage bis 2027 um 50 Prozent reduziert werden, dies gegenüber dem Mittel der Jahre 2012 bis 2015. Ist absehbar, dass das nicht gelingt, muss der Bundesrat handeln.
Gesenkt werden sollen auch die Nährstoffverluste der Landwirtschaft. Konkrete Reduktionsziele nennt die Vorlage aber nicht. Der Nationalrat hat sich hier dem Ständerat angeschlossen. Stickstoff und Phosphor müssen demnach bis 2030 im Vergleich zum Mittel von 2014 bis 2016 «angemessen reduziert» werden.
Zusätzlich aufgenommen hat die grosse Kammer dagegen eine Offenlegungspflicht. Wer Dünger und Futtermittel in Verkehr bringt, muss dem Bund Daten zur Abgabe an Landwirtschaftsbetriebe melden. Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.
SO, 11.12.2020